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Neues Energiepaket der Bundesregierung: Reformen im EEG und EnWG

Am 31. Januar 2025 hat der Bundestag in letzter Minute der laufenden Legislaturperiode ein bedeutendes Energiepaket beschlossen. Nachdem das Gesetzespaket bereits seit Herbst 2024 „in der Schublade lag“, konnte es aufgrund des vorzeitigen Endes der Regierungsarbeit der Ampelkoalition zunächst nicht beschlossen werden. Nun umfasst das neue Energiepaket insgesamt fünf Energiegesetze. Darunter befinden sich wichtige Novellierungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG 2023) und des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) sowie ein Maßnahmenpaket für die Biomasse-Nutzung, neue Regelungen für den Windenergieausbau und eine Anpassung des Emissionshandels. Die beschlossenen Gesetze werden voraussichtlich am 14. Februar 2025 den Bundestag passieren und könnten bereits Anfang März in Kraft treten.

Gesetz zur Vermeidung temporärer Erzeugungsüberschüsse

Die politischen Spannungen der letzten Wochen ließen befürchten, dass wichtige energiepolitische Reformen auf der Strecke bleiben könnten. Doch der Druck, die Flexibilität und Steuerbarkeit des Stromsystems zu erhöhen, war zu hoch. Insbesondere beim Umgang mit Spitzen bei der Photovoltaik-Einspeisung war Handlungsbedarf gegeben. 

Ein zentraler Bestandteil der Reformen ist daher das Gesetz zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts zur Vermeidung temporärer Erzeugungsüberschüsse (BT-Drs. 20/14235). Besonders relevant für die Energiewende sind die dort vorgenommenen Änderungen zur Förderung von Solaranlagen und Batteriespeichern. Sie sollen bestehende Hürden abbauen und die Systemintegration sowie die Flexibilität der Stromerzeugung und -speicherung verbessern. So werden sowohl das EEG als auch das EnWG teilweise novelliert, um eine effizientere Integration erneuerbarer Energien ins Stromnetz zu ermöglichen. Ziel ist es, Netzüberlastungen zu verhindern und die Einspeisung von Solarstrom in Zeiten hoher Erzeugung besser zu steuern. Statt unkontrolliert Strom einzuspeisen, sollen Betreiber künftig netzdienlich handeln – durch Eigenverbrauch, gezielte Einspeisung und/oder Speicherung.

Kernpunkte des „Solarspitzen-Gesetzes“

Zu den wesentlichen Änderungen gehören:

  • Keine Einspeisevergütung für Neuanlagen bei negativen Strompreisen.
  • Möglichkeit flexibler Netzanschlussvereinbarungen.
  • Einführung verbindlicher Steuerungsvorgaben für Anlagen mit einer Nennleistung ab 7 kW.
  • Begrenzung der Wirkleistungseinspeisung (auf 60 %) für neue, nicht steuerbare Anlagen am Netzanschlusspunkt.
  • Erleichterungen für die netzdienliche Nutzung von Stromspeichern (drei Nutzungsoptionen).
  • Verbesserung der Rahmenbedingungen für den wirtschaftlichen Rollout intelligenter Messsysteme.

Keine Einspeisevergütung bei negativen Strompreisen – aber eine neue Kompensationsregelung für Solaranlagen 

Die wachsende Anzahl an Solaranlagen führt immer häufiger dazu, dass an besonders sonnigen Tagen mehr Strom erzeugt wird, als tatsächlich verbraucht werden kann. In der Folge entstehen Phasen mit negativen Strompreisen, in denen die Einspeisung ins Netz nicht nur wirtschaftlich unrentabel, sondern auch technisch problematisch wird. Um diesen Überschüssen entgegenzuwirken und eine flexiblere Nutzung erneuerbarer Energien zu fördern, wurden die §§ 51 und 51a EEG überarbeitet.

Mit der Änderung des § 51 EEG entfällt die Einspeisevergütung bei negativen Börsenstrompreisen nun unmittelbar für jede betroffene Zeitspanne, anstatt – wie ursprünglich vorgesehen – erst nach einer bestimmten Dauer negativer Strompreise (z. B. vier Stunden im Jahr 2023, eine Stunde ab 2027). Zudem wurde die Regelung auf nahezu alle Neuanlagen ausgeweitet. Zusätzlich wurde die Definition des Spotmarktpreises in § 3 Nr. 42a EEG angepasst: Künftig basiert die Berechnung auf Viertelstundenwerten, da die gekoppelten Marktpreise der Strombörsen im Rahmen der Day-Ahead-Auktionen nun auf Viertelstundenprodukte umgestellt werden. Durch diese Anpassungen werden Betreiber stärker den Marktpreissignalen ausgesetzt, was dazu führen soll, dass sie ihren Strom bei negativen Preisen entweder selbst verbrauchen oder speichern, um ihn später einzuspeisen. 

Für kleinere Anlagen unter 100 kW gibt es eine Übergangsregelung: Solange sie noch nicht mit einem intelligenten Messsystem ausgestattet sind, bleiben sie von der neuen Regelung ausgenommen, da ohne präzise viertelstundenscharfe Messwerte nicht genau bestimmt werden kann, welche Einspeisemengen von negativen Preisen betroffen sind. Erst nach der Installation eines solchen Messsystems greift die neue Regelung zum folgenden Jahreswechsel. Für Bestandsanlagen wird zudem ab 2025 ein freiwilliger Bonus von 0,6 ct/kWh eingeführt, wenn sie sich den neuen Vorgaben unterwerfen (§ 100 Abs. 47 EEG-E).

Ein weiteres Problem der bisherigen Regelung war die unzureichende Kompensation von Ertragsausfällen bei Solaranlagen durch eine pauschale Verlängerung des Förderzeitraums. Da Solaranlagen im Winter deutlich weniger Strom erzeugen als im Sommer, war diese Verlängerung oft wirkungslos. Mit der neuen Regelung in § 51a EEG-E wird nun ein Zeitkontingent-Modell eingeführt, das sich an der durchschnittlichen Ertragsverteilung über das Jahr orientiert und so eine gerechtere Kompensation ermöglicht. 

Flexible Netzanschlussvereinbarungen: Überbauung von Netzanschlüssen wird möglich

Eine bedeutende Neuerung im aktuellen Energiepaket ist die Einführung der Möglichkeit flexibler Netzanschlussvereinbarungen, die insbesondere die Nutzung von Überdeckungen und „Cable Pooling″ zulassen. Diese Regelungen ermöglichen eine kontrollierte, netzdienliche Nutzung von Energie – besonders in Zeiten von Spitzenlasten oder Überangeboten. 

Mit den Änderungen im EEG und EnWG (§ 17 Abs. 2a EnWG-E und § 8 ff. EEG-E) haben Anlagenbetreiber nun die Möglichkeit, Netzanschlusskapazitäten flexibler zu nutzen. Vor allem besteht für Anlagenbetreiber die Option, einen Netzverknüpfungspunkt zu wählen, der bereits von anderen Anlagen unterschiedlicher Anlagentypen genutzt wird, einschließlich Stromspeichern (sog. „Cable Pooling“). Dies kann dazu führen, dass die installierte Leistung die verfügbare Netzanschlusskapazität überschreitet (Überbauung). In solchen Fällen wird eine flexible Netzanschlussvereinbarung erforderlich, um die Einspeisung gezielt zu steuern. Ein großer Vorteil dieser Regelung ist, dass Betreiber ihre Energieabgabe je nach Netzsituation dynamisch anpassen können, was eine stabilere und effizientere Nutzung der erneuerbaren Energien ermöglicht. Für Stromspeicher wird wohl § 17 Abs. 2a EnWG-E anzuwenden sein, da nur diese Norm flexible Netzanschlussvereinbarungen sowohl für die Entnahme als auch die Einspeisung von Strom – und damit für die bidirektionale Fahrweise von Stromspeichern – vorsieht, während § 8a EEG-E flexible Netzanschlussvereinbarungen nur im Hinblick auf die Wirkleistungseinspeisung vorsieht. Zu beachten ist jedoch, dass es sich bei flexiblen Netzanschlussvereinbarungen um eine Kann-Regelung handelt. Netzbetreiber sind nicht verpflichtet, solche Vereinbarungen abzuschließen – die Entscheidung liegt im Ermessen der Netzbetreiber.

Erweiterte Steuerbarkeit und Prüfpflicht der Netzbetreiber

Mit dem aktuellen Energiepaket wird auch die Steuerbarkeit deutlich ausgeweitet, um die Systemstabilität durch einen ferngesteuerten Ausgleich der Strommengen zu gewährleisten. Alle neuen Anlagen mit einer installierten Leistung ab 7 kW müssen künftig mit einem intelligenten Messsystem und einer Steuerungseinrichtung ausgestattet werden (§ 29 MsbG-E). Für Anlagen zwischen 7 kW und 25 kW wird eine Steuerbarkeit nach § 9 EEG verpflichtend, wenn am selben Netzanschluss steuerbare Verbraucher betrieben werden. Anlagenbetreiber werden dabei weitgehend von der Verantwortung für den Ausbau der Steuerbarkeit ihrer Anlagen entlastet, da nunmehr der Messstellenbetreiber für den Einbau und Betrieb der erforderlichen Systeme zuständig ist. Dies soll den Rollout dieser Systeme beschleunigen und sicherstellen, dass die Netzbetreiber den Abruf der Ist-Einspeisung und die Steuerung der Anlagen nicht durch technische Hindernisse auf Seiten der Anlagenbetreiber beeinträchtigt sehen.

Für Neuanlagen in der festen Einspeisevergütung und im Mieterstromzuschlag zwischen 25 kW und 100 kW besteht eine Übergangsregelung: Bis zum Einbau eines intelligenten Messsystems wird die Wirkleistungseinspeisung auf maximal 60 % der installierten Leistung begrenzt (§ 9 Abs. 2 Nr. 2b und Nr. 3 EEG-E). Diese Begrenzung gilt nicht für Anlagen, die der Marktprämie oder Direktvermarktung zugeordnet sind. Für Bestandsanlagen gelten zudem Übergangsregelungen gemäß § 100 Abs. 3 EEG-E.

Zusätzlich verpflichtet das Gesetz Netzbetreiber und die Bundesnetzagentur zu umfassenden Test- und Monitoringmaßnahmen (§§ 12aff. EnWG-E). Diese Tests sollen sicherstellen, dass die Anlagen auf Steuerbefehle wie ein Abschaltsignal korrekt reagieren und betreffen Anlagen ab 100 kW sowie kleinere fernsteuerbare Erzeugungsanlagen und Stromspeicher. Netzbetreiber müssen die Einhaltung der technischen Anforderungen regelmäßig überprüfen und die Übertragungsnetzbetreiber müssen die Ergebnisse gemeinsam jährlich an die Bundesnetzagentur (BNetzA) übermitteln. Während für Anlagen ab 100 kW diese Verpflichtung mit Inkrafttreten des Gesetzes unmittelbar gilt, tritt sie für Anlagen unter 100 kW erst zum 1. Januar 2026 in Kraft. Um ein einheitliches Testverfahren sicherstellen zu können, sind die Übertragungsnetzbetreiber verpflichtet, innerhalb von zwei Monaten nach Inkrafttreten einheitliche Leitlinien für alle Netzbetreiber auf ihren Internetseiten zu veröffentlichen. 

Flexible Nutzungsoptionen für Stromspeicher 

Auch in Bezug auf Stromspeicher hat die derzeitige Bundesregierung erneut punktuell nachgebessert. Mit dem beschleunigten Ausbau von Wind- und Solarenergie steigt der Bedarf an effizienten Speicherlösungen, um Einspeisespitzen abzufedern und Versorgungsschwankungen auszugleichen. Speicher tragen entscheidend zur Netzstabilität und -flexibilität bei und ermöglichen eine bessere Nutzung von überschüssigem Strom.

Bereits im vergangenen Jahr wurden erste regulatorische Anpassungen für Stromspeicher vorgenommen. Auch die BNetzA hat ihre Ansicht zum vielfach umstrittenen Baukostenzuschuss beim Netzanschluss für Stromspeicher im Rahmen eines Positionspapiers (zum Teil) überarbeitet. Nun erweitert § 19 EEG-E die Nutzungsmöglichkeiten für Stromspeicher, um Speicherbetreibern mehr Flexibilität am Strommarkt zu geben. Ziel ist es, den Verbrauch gezielt in Niedrigpreiszeiten zu verlagern und die Einspeisung in Zeiten hoher Nachfrage zu optimieren. Die neuen Regelungen eröffnen insbesondere für kleinere Solaranlagen und Heimspeicher interessante Geschäftsmodelle. Speicherbetreiber können künftig zwischen drei Optionen wählen:

  • Ausschließlichkeitsoption (§ 19 Abs. 3a EEG-E): Speicherung und Einspeisung ausschließlich von erneuerbarem Strom (Grünstrom).
  • Erweiterte Abgrenzungsoption (§ 19 Abs. 3b EEG-E): Strommengen werden differenziert betrachtet, um die förderfähige Einspeisung exakt zu berechnen.
  • Pauschaloption (§ 19 Abs. 3c EEG-E): Ersetzt das bisherige Wechselmodell (aus dem Solarpaket I) und erlaubt eine pauschale Förderung ohne exakte Messung der jeweiligen Strommengen. Diese Option steht Betreibern kleinerer Solaranlagen mit maximal 30 kW installierter Leistung zur Verfügung. 

Die tatsächliche Umsetzung dieser Optionen hängt jedoch von weiteren Festlegungen der BNetzA nach § 85d EEG-E ab. Diese soll bis spätestens 30. Juni 2026 konkrete Anforderungen für die Bestimmung der förderfähigen Strommengen erlassen. Erst mit diesen Festlegungen können die neuen Regelungen praktisch angewendet werden, ein genauer (früherer) Zeitpunkt hierfür ist derzeit nicht absehbar.

Fazit: Ein Schritt in Richtung flexibles und stabiles Energiesystem

Das neue Energiepaket der Bundesregierung setzt entscheidende Impulse für die Flexibilisierung und Stabilisierung des Stromsystems. Im Mittelpunkt steht nicht länger nur die Maximierung der Stromerzeugung, sondern zunehmend die effiziente und intelligente Steuerung der Stromeinspeisung. Angesichts der wachsenden Zahl temporärer Erzeugungsüberschüsse, die insbesondere durch den rasant zunehmenden Ausbau der Solarenergie bedingt sind, werden mit den neuen Regelungen gezielte Maßnahmen ergriffen. Diese Überschüsse führen oft dazu, dass Strom zu negativen Preisen verkauft werden muss, was die Kosten für die Förderung erneuerbarer Energien sowie die Belastung des gesamten Stromsystems erheblich erhöht. Die Reformen setzen daher verstärkt auf eine koordinierte Steuerung von Netzbetreibern und Solaranlagenbetreibern, um die Stromproduktion gezielt anzupassen, Überschüsse zu speichern oder nur bei Bedarf ins Netz einzuspeisen. Auf diese Weise wird einer möglichen Systemüberlastung vorgebeugt und gleichzeitig die Integration erneuerbarer Energien in das Stromnetz signifikant verbessert.

Auch die Rolle von Stromspeichern wird gestärkt. Sie ermöglichen es, überschüssige Energie flexibel zu nutzen – sei es für den Eigenverbrauch oder zur Einspeisung in Zeiten hoher Nachfrage. Der Ausbau smarter Steuerungstechnologien und intelligenter Netze sorgt dafür, dass Strom dann und dort verfügbar ist, wo er gebraucht wird. Damit schafft die Bundesregierung die Grundlage für ein stabiles, nachhaltiges und zukunftsfähiges Energiesystem, das bis 2030 rund 80 % des Strombedarfs aus erneuerbaren Energien decken soll.

Der Beitrag Neues Energiepaket der Bundesregierung: Reformen im EEG und EnWG erschien zuerst auf CMS Blog.


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